Der Marienhof der Familie Zenner in Gerlfangen steht seit mehr als dreißig Jahren ganz im Zeichen des Ökolandbaus. Das Streuobst auf Weiden und an Wegen der 200 ha großen landwirtschaftlichen Nutzfläche wird dabei nicht nur für den eigenen Verzehr verwendet, sondern auch für die Herstellung von Backwaren und Marmeladen aus hauseigener Produktion und für leckere Obstsäfte zum Verkauf im eigenen Hofladen, eine Kreislaufwirtschaft und regionale Wertschöpfung par excellence.
Von dieser ressourcenschonenden und umweltverträglichen Form der Landbewirtschaftung profitieren alle gleichermaßen, Pflanzen, Tiere, Menschen. Das vielfältige Zusammenspiel einer biodiversen Pflanzen- und Tierwelt, das Vorhandensein von sauberem Grundwasser und sauerstoffreicher Luft im Einklang mit nachhaltiger, landwirtschaftlicher Nahrungsmittelproduktion kommt allen zugute. Umso wichtiger ist – auch vor dem Hintergrund des Klimawandels – die langfristige Erhaltung der intakten Kulturlandschaft auf dem Gau.
Doch wie agieren, wenn Einflüsse von außen das Gleichgewicht verändern oder gar beeinträchtigen? Seit einigen Jahren ist die Problematik des Mistelbefalls auf den Streuobstwiesen im Saargau in der Öffentlichkeit präsent.
Die weiße Mistel – viscum album –, eine Halbschmarotzerpflanze, bevorzugt Streuobstbäume als Wirt und hat – nicht zuletzt durch viel Unwissenheit hinsichtlich ihrer Wirkweise und einer mangelnden Sensibilität für eine erhaltende Baumpflege und Freistellung verbuschter Flächen - zu erheblichem Schaden in der Kulturlandschaft geführt. Viele Streuobstbäume sind mittlerweile derart befallen, dass auch eine großflächige Säuberungsaktion von Mistelbefall sie nicht mehr hat retten können. Leider hat sich der Mistelbefall in den letzten dreißig Jahren so stark verbreitet, dass ganze Streuobstbestände in ihrer Existenz bedroht sind, sie über kurz oder lang der Kulturlandschaft und damit auch der damit verbundenen kleinräumigen, biodiversen Ökosysteme verloren gehen werden. Konsequentes Handeln und fachkundiges Agieren auf allen Ebenen ist gefragt.
Die aktuelle Mistelproblematik auf den Saargau-Streuobstwiesen, die Wirkweise bereits erbrachter Säuberungsmaßnahmen in den vergangenen drei Jahren sowie die Ökosystemzusammenhänge der Kulturlandschaftselemente untereinander war Thema eines Besuchs der saarländischen Umweltministerin Petra Berg am vergangenen Donnerstag, 18. Juli, auf dem Marienhof der Familie Zenner in Gerlfangen. Unter fachkundiger Führung von Dipl.-Ing. Josef Jacoby aus Tünsdorf wurde die Mistelproblematik an mehreren Standorten aus ganz unterschiedlichen Aspekten erläutert und besprochen.
Als Impuls- und Ideengeber für die Station in Gerlfangen setzt der Landesverband der Obst- und Gartenbauvereine Saarland/Rheinland-Pfalz e.V. im Rahmen des LEADER-Programms der grenznahen Förderregion Warndt-Saargau als Projektträger das LEADER-Fördervorhaben „Befallsdruckminderung der Mistel“ um. Knapp 1.000 Bäume wurden seit Maßnahmenbeginn im Januar 2021 bearbeitet, sprich vom Mistelbewuchs befreit, die Baumkrone durch Rückschnittmaßnahmen gesäubert und Flächen von Verbuschungen freigestellt. Mehr als 60 Interessenten – insbesondere private Flächeneigentümer, welche sich nicht wie Familie Zenner intensiv um ihre Streuobstbäume auf ihren Flächen kümmern oder kümmern können – haben daran teilgenommen. Ein bereits beachtlicher Erfolg, der jedoch aus Sicht von Herrn Jacoby noch mehr finanzielles wie personelles Engagement erfordert, um der Problematik des Mistelbefalls auf den saarländischen Streuobstwiesen wirksam und langfristig entgegentreten zu können.
Auf Ministeriumsebene wird die Mistelproblematik auf Streuobstwiesenflächen sehr ernst genommen. Die Suche nach Lösungen stellt sich in der Tat sehr vielfältig dar, angefangen von unterschiedlichen Beweggründen der Flächeneigentümer für ihre Streuobstwiesen Sorge zu tragen oder auch nicht, bis hin zu den Möglichkeiten einer der Streuobstwiesen-förderung angepassten Ergänzungsfinanzierung für die Mistelentfernung müssen besprochen werden. Und so stellte Ministerin Berg am Ende des Rundgangs ein weiteres Treffen mit den engagierten Akteuren zur Lösungsfindung kurzfristig in Aussicht.
Die Lokale Aktionsgruppe Warndt-Saargau e.V. ist als LEADER-LAG für die ELER-Förderperiode 2023 – 2027 anerkannt und wird aus Mitteln der Europäischen Union (75%) und des Saarlandes gefördert.